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Die Position des niederländischen Fiskus: Pfandgläubiger, Leasinggesellschaften und Lieferanten von Maschinen aufgepasst!

Hendrie Aarnink

Hendrie Aarnink Anwalt (Partner)

Die Position des niederländischen Fiskus: Pfandgläubiger, Leasinggesellschaften und Lieferanten von Maschinen aufgepasst!

In Deutschland kennen Sie das Vermieterpfandrecht, nach dem der Vermieter ein gesetzliches Pfandrecht an allen im Mietobjekt vorhandenen beweglichen Sachen des Mieters für eine ausstehende Mietschuld und für Forderungen aus dem Mietvertrag für das laufende und künftige Jahr hat (§ 562 BGB). Zwar hat ein Vermieter in den Niederlanden kein gesetzliches Pfandrecht, doch kann sich der niederländische Fiskus zur Begleichung bestimmter Steuerschulden, wie der Lohn- und Umsatzsteuer, vorrangig an den auf dem Grundstück/Boden des Steuerschuldners befindlichen beweglichen Sachen befriedigen, da diese der Nutzung des Grundstücks/Bodens untergeordnet sind; die sogenannten Bodensachen. Dazu gehören Betriebsausstattung oder Maschinen. Lagerbestände und Ausstellungsmodelle sind keine Bodensachen.

Bodenrecht und Bodenvorrecht
Wenn Sie in den Niederlanden eine Maschine unter Eigentumsvorbehalt liefern, unabhängig davon, ob diese durch ein vorbehaltenes Pfandrecht an der Maschine ergänzt wird oder nicht, oder diese Maschine Ihrem niederländischen Abnehmer auf Grundlage von Finanzierungsleasing zur Verfügung stellen, müssen Sie berücksichtigen, dass der niederländische Fiskus auf diese Maschine zurückgreifen kann, um seine Forderungen gegenüber Ihrem Abnehmer nach dem so genannten Bodenrecht zu begleichen. Bevor der Fiskus an der Maschine Regress nehmen kann, muss er die Maschine beschlagnahmen, wobei der Fiskus oft nicht weiß, dass Gegenstände beschlagnahmt werden, die nicht im Eigentum des Steuerschuldners stehen.

Aber auch wenn Sie einer niederländischen Partei ein Darlehen gewähren, für das Sie ein besitzloses Pfandrecht an einer dieser Partei gehörenden Maschine als Sicherheit für die Rückzahlung dieses Darlehens vereinbart haben, laufen Sie Gefahr, dass der niederländische Fiskus aufgrund des Ihnen übergeordneten Bodenvorrechts Rückgriff auf diese Maschine nehmen kann. Wenn Ihr Kreditnehmer insolvent wird, wird der niederländische Insolvenzverwalter das Rückgriffsrecht des Fiskus auf die Maschine gemäß Artikel 57 Absatz 3 der niederländischen Insolvenzordnung (Faillissementswet) ausüben.

Einschränkungen und Möglichkeiten (Safe Harbour-Regelung)
Wenn Sie eine Maschine leihweise zur Verfügung stellen oder im Sinne des Operational Leasing vermieten, kann der niederländische Fiskus auf Grundlage des Boden(vor)rechts nicht erfolgreich auf diese Maschine zurückgreifen. 

Aber können Sie als Lieferant, Finanzierungsleasinggesellschaft oder Pfandgläubiger die Maschine dann jederzeit beim Abnehmer abholen bzw. sie als Faustpfand in Besitz nehmen, wenn Ihr Abnehmer in Zahlungsverzug gerät und die Steuern nicht gezahlt hat?
Bei der Beantwortung dieser Frage müssen mehrere Situationen unterschieden werden.

Wenn die Maschine an Sie als Geldgeber verpfändet ist, müssen Sie als Pfandgläubiger dem Fiskus mitteilen, dass Sie die Maschine als Sicherheit nehmen wollen; die so genannte Meldeplicht. Nach der Meldung müssen Sie vier Wochen warten, bevor Sie die Maschine tatsächlich abholen dürfen. Nach diesen vier Wochen haben Sie vier Wochen Zeit, die Maschine abzuholen oder als Faustpfand in Besitz zu nehmen.

Im Falle der so genannten Objektfinanzierung bzw. Betriebsmittelfinanzierung, bei der Sie als Lieferant die Maschine unter Eigentumsvorbehalt oder mit einem Pfandrecht belastet geliefert haben, besteht für Sie keine Meldepflicht, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind (Safe Harbour-Regelung):

  • Das Pfandrecht bezieht sich nur auf die gelieferte Maschine.
  • Das Pfandrecht dient nur als Sicherheit für die Zahlung des (annähernden) Kaufpreises dieser Maschine.
  • Für die (Rück-)Zahlung des Kaufpreises zum Zeitpunkt der Verpfändung ist eine feste Anzahl von Raten vereinbart, deren Höhe (annähernd) der wirtschaftlichen Lebensdauer der Maschine entspricht.
  • Das Pfandrecht an der Maschine ist ein (vorbehaltenes) erstrangiges Pfandrecht, das auch gegenüber anderen Sicherungsberechtigten geltend gemacht werden kann.
  • Der Zahlungsverzug der (Rück-)Zahlungen darf vier Monate nicht überschreiten.
  • Die Maschine darf nicht als Rückgriff auf andere Sicherungsberechtigte dienen, z.B. auf eine Bank, die demselben Konzern wie die Leasinggesellschaft angehört.
  • Die Maschine darf nicht Teil einer gegenseitigen Sicherungsvereinbarung mit anderen Parteien sein, an der Sie beteiligt sind, wie z.B. einer Mehrwertarrangements.
  • Die Kauffinanzierung muss innerhalb von drei Monaten nach Lieferung der Maschine an Ihren Abnehmer zustande kommen. 

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, haben Sie als Lieferant ebenso wie der Pfandgläubiger eine unverminderte Meldepflicht, bevor Sie die Maschine bei Ihrem Abnehmer abholen dürfen.

Für den Lieferanten, die Leasinggesellschaft oder den Pfandgläubiger besteht übrigens keine Meldepflicht, wenn der Vollstreckungswert der betreffenden Sache weniger als EUR 10.000 beträgt.

Wenn Sie als Eigentümer die Ausübung des Bodemrechts durch den Fiskus anfechten wollen, haben Sie folgende Möglichkeiten:

  • Einlegung eines Widerspruchs beim Direktor der Steuerbehörde. Gegen die Entscheidung des Direktors gibt es keine Rechtsmittel. 
  • Einleitung eines Zivilverfahrens gegen den Fiskus.
  • Einleitung eines sogenannten Drittwiderspruchsverfahrens.

Sanktionen
Wenn Sie gegen die Meldepflicht verstoßen haben und die Maschine abgeholt haben, obwohl Sie dazu nicht berechtigt waren, können Sie von dem niederländischen Fiskus auf Zahlung der Forderung verklagt werden, die der Fiskus gegenüber Ihrem Abnehmer hat. Wenn der Vollstreckungswert niedriger ist als die ausstehende Steuerforderung, müssen Sie den Vollstreckungswert der Maschine an den Fiskus zahlen. 

Dies hat außerdem zur Folge, dass Sie für die Forderung, für die Sie von dem niederländischen Fiskus verklagt wurden, nicht in die vorrangige (Gläubiger)Position der Steuerbehörden eintreten. In den Niederlanden ist der Fiskus nämlich ein bevorrechtigter Gläubiger.

Unsere Einschätzung
Um spätere Überraschungen bei internationalen Geschäften zu vermeiden, ist es ratsam, sich vor dem Abschluss eines Vertrags mit einem (potenziellen) Vertragspartner in den Niederlanden über die Folgen dieser Transaktion zu informieren, damit Sie diese bei der Festlegung der Geschäftsbedingungen mit Ihrem Abnehmer oder Darlehensnehmer berücksichtigen können.

Wenn Sie Fragen zum Thema haben, wenden Sie sich gerne an das Team von unserem German Desk.

Haben Sie noch Fragen? Wir freuen uns darauf, von Ihnen zu hören